ESG und CSR: Neue Anforderungen an die Berichterstattung

Es ist noch nicht allzu lange her, dass Nachhaltigkeit in Unternehmen als Randthema behandelt wurde und je nach Art, Größe oder Marktposition mehr oder weniger „nebenbei“ Beachtung erfuhr. Die Entwicklungen unserer Zeit erfordern jedoch eine aktive Auseinandersetzung mit dem Thema Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeit ist jetzt mehr als je zuvor entscheidend für den wirtschaftlichen – vor allem langfristigen – Erfolg eines Unternehmens am Markt. Umweltliche Veränderungen erzwingen Veränderungen im Verhalten der Menschen – aus den Wechselwirkungen von Erwartungshaltung der Öffentlichkeit an Unternehmen und dem Einfluss von Unternehmen auf das Konsumverhalten der Gesellschaft erwachsen neue Prioritäten, die durch weitergehende Regulierungen erfüllt werden müssen. Unternehmen trifft die Verpflichtung, ihre Verantwortung gegenüber Gesellschaft und Umwelt zu begreifen. Der Fokus verlagert sich dabei vor allem auf folgende Aspekte: Umwelt (Environmental), Soziales (Social) und verantwortungsvolle Unternehmensführung (Governance).

Vor dem Hintergrund der Erreichung der Ziele des European Green Deals (Erreichung von Klimaneutralität bis 2050, Umgestaltung der EU zu einer modernen ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft) sollen somit insbesondere Unternehmen durch eine nachhaltige Entwicklung diese Zielerreichung unterstützen. In diesem Zusammenhang ist es fast unmöglich, das Schlagwort „Nachhaltigkeitsberichterstattung“ (ESG-Berichterstattung) unerwähnt zu lassen.

Die Umsetzung dieser Ziele erfolgt über die folgende Dreiteilung von Maßnahmen:
1) EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD),
2) Taxonomie-Verordnung,
3) Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG).

1) EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD)
Durch die CSRD sollen die bestehenden Vorschriften zur Offenlegung nichtfinanzieller Informationen nach § 289b ff. HGB verbessert und erweitert werden. Insbesondere im Hinblick auf Kauf- und Anlageentscheidungen sollen Nachhaltigkeitsaspekte vermehrt in den Vordergrund gelangen.
Mit steigender Bedeutung von Nachhaltigkeitsaspekten soll auch die Berichtspflicht erweitert werden. Der bereits in der Richtlinie über die Angabe nichtfinanzieller Informationen berücksichtigte Grundsatz der „doppelten Wesentlichkeit“ soll gemäß dem Vorschlag der EU-Kommission präzisiert werden: Bisher sind Unternehmen verpflichtet, sowohl darüber zu berichten, wie sich Nachhaltigkeitsaspekte auf den Erfolg des Unternehmens auswirken, als auch darüber, welche Auswirkungen diese Aspekte der eigenen Geschäftstätigkeit auf Mensch und Umwelt haben. Eine Präzisierung des Grundsatzes der doppelten Wesentlichkeit soll dahingehend erfolgen, als dass insbesondere Unklarheiten über die Art der von Unternehmen bereitzustellenden Informationen ausgeräumt werden sollen (u.a. Ziele, Strategie, Ermittlungsgrundlage).

Darüber hinaus sollen neben den bisher notwendigen Berichtsbestandteilen der nichtfinanziellen Berichterstattung (Umweltbelange, Arbeitnehmerbelange, Sozialbelange, Achtung der Menschenrechte sowie Bekämpfung von Korruption und Bestechung) immaterielle Vermögenswerte und Zukunftspläne Teil der Berichterstattung werden. Ziel ist eine marktgerechtere Bewertung von nicht bilanzierten immateriellen Vermögenswerten (u.a. Humankapital, Entwicklung von Kompetenzen), um die Bewertung des Geschäftsergebnisses und der Lage des Unternehmens zu erleichtern. Ebenfalls soll die bisher bestehende Ungenauigkeit hinsichtlich des zeitlichen Bezugs der offenzulegenden Informationen behoben werden. Gemäß dem Vorschlag der EU-Kommission ist momentan ein Mangel an zukunftsbezogenen Offenlegungen zu verzeichnen, wobei gerade die zukünftige Perspektive vor dem Hintergrund von Nachhaltigkeit entscheidend ist. Aus diesem Grund sollen konkret sowohl vergangenheits- als auch zukunftsbezogene Informationen mit quantitativem und qualitativem Charakter in die Berichterstattung einfließen.

Zukünftig werden alle großen Unternehmen (nach § 267 HGB) sowie alle kapitalmarktorientierten Unternehmen (auch kleine und mittlere) von der besonderen Berichtspflicht erfasst. Der Nachhaltigkeitsbericht wird nunmehr im handelsrechtlichen Lagebericht erfasst.

Mit der Entwicklung von einheitlichen EU-Standards zur ESG-Berichterstattung wurde die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) beauftragt, wodurch die Berichte ein höheres Maß an Vergleichbarkeit und Qualität erlangen sollen. Erste Entwürfe dieser EU-Standards wurden bereits veröffentlicht – eine abschließende Klärung der Ausgestaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen für die ESG-Berichterstattung ist jedoch noch nicht erfolgt. Inhaltlich sollen bereits existierende Standards, wie bspw. die Global Reporting Initiative (GRI) – Standards oder die EU Taxonomie-Verordnung (siehe Punkt 2) berücksichtigt werden. Die Vereinheitlichung von Standards ist vor dem Hintergrund der bisherigen Rechtsunsicherheit in Bezug auf die nichtfinanzielle Berichterstattung nach § 289b ff. HGB deutlich zu begrüßen und könnte Unternehmen als eine Art „Leitfaden“ für die eigene ESG-Berichterstattung dienen. Für KMUs bietet sich bereits heute die Berücksichtigung des Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) an, der aus 20 DNK-Kriterien besteht und vollumfänglich die Kriterien der nichtfinanziellen Berichterstattung nach § 289b ff. HGB erfüllt.

Durch die CSRD werden zukünftig rund 15.000 Unternehmen in Deutschland von der neuen, umfassenden Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung erfasst (bisher: 500 Unternehmen).

Betroffen sind somit sämtliche Unternehmen, die zwei der drei folgenden Kriterien erfüllen:
1. mehr als EUR 20 Mio. Bilanzsumme
2. mehr als 40 Mio. Umsatzerlöse in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag
3. mehr als 250 Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt

Ab wann gelten die Vorschriften?
Die Anwendung der Vorschriften erfolgt gemäß Pressemitteilung vom 21. Juni 2022 des Rats der EU in drei Stufen, jeweils mit Geschäftsjahren beginnend am:
– 1. Januar 2024 für solche Unternehmen, die bereits der Richtlinie über die Angabe nichtfinanzieller Informationen von 2014 unterliegen,
– 1. Januar 2025 für große Unternehmen, die momentan noch nicht der Richtlinie von 2014 unterliegen,
– 1. Januar 2026 für börsennotierte KMU sowie für kleine und nicht komplexe Kreditinstitute und firmeneigene Versicherungsunternehmen.

Wer prüft die Qualität der Berichterstattung?
Ein akkreditierter unabhängiger Prüfer muss die Zertifizierung der Berichterstattung vornehmen. Die genaue Ausgestaltung ist noch offen – ggf. erfolgt die Prüfung durch einen Abschlussprüfer, einen anderen (dritten) Wirtschaftsprüfer und/oder durch „unabhängige Prüfungsdienstleister“. Nach aktuellen Verlautbarungen des Rats der Europäischen Union soll lediglich die Möglichkeit bestehen – jedoch keine Pflicht – einen anderen Prüfer der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu wählen als denjenigen, der mit der Prüfung des Jahresabschlusses und des Lageberichts beauftragt ist.

2) EU Taxonomie-Verordnung
Die EU-Kommission hat mit der Taxonomie-Verordnung (TAX-VO) bereits 2020 ein einheitliches Klassifikationssystem zur Bestimmung umwelt- und sozialfreundlicher Tätigkeiten beschlossen, mit dessen Hilfe nachhaltige Investitionen ermöglicht und ausgeweitet werden sollen. Darüber hinaus ist die zentrale Zielsetzung der TAX-VO die Schaffung von Transparenz in der Realwirtschaft mit Blick auf ökologische Nachhaltigkeit sowie die Verhinderung von Greenwashing. Die Umsetzung der Ziele erfolgt anhand eines Klassifikationssystems, welches jedoch keine verbindlichen Anforderungen an Nachhaltigkeit etabliert, sondern reinen Informationscharakter hat. Die Bewertung der Unternehmensaktivitäten hinsichtlich ihrer ökologischen Nachhaltigkeit im Rahmen des Klassifikationssystems orientiert sich an den nachfolgend aufgeführten Umweltzielen gemäß Artikel 9 der TAX-VO:
a) Klimaschutz,
b) Anpassung an den Klimawandel,
c) die nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen,
d) der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft,
e) Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung,
f) der Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme.
Die Berichterstattung über den Einfluss der Geschäftstätigkeiten auf dieser Umweltziele erfolgt anhand von 3 Finanzkennzahlen (Umsatzerlöse, Investitionsausgaben, Betriebsausgaben).
Unternehmen, die der CSRD unterliegen, müssen zukünftig über den Anteil ökologisch nachhaltiger Wirtschaftsaktivitäten der 3 Finanzkennzahlen Umsatzerlöse, Investitionen (CapEx) sowie Betriebsaufwendungen (OpEx) konkrete Angaben veröffentlichen.

Der zeitliche Anwendungsbereich der TAX-VO ist abhängig von den geforderten Umweltzielen: Angaben zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel sind seit dem 1. Januar 2022 notwendig, die Bewertungskriterien für restlichen 4 Umweltzielen treten ab dem 1. Januar 2023 in Kraft.

3) Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)
Nach dem im Juni 2021 vom Deutschen Bundestag beschlossenen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz sind Unternehmen verpflichtet, ihre Wertschöpfungen im Hinblick auf folgende Bereiche einer fortdauernden Prüfung zu unterziehen:
• Sozialstandards (Arbeitsbedingungen, Sicherheit und Gesundheit)
• umweltbezogene Aspekte
Das Gesetz ist ab 1. Januar 2023 für in Deutschland ansässige Unternehmen und Unternehmen mit einer Zweigniederlassung gemäß § 13d HGB mit mindestens 3.000 Beschäftigten in Deutschland anwendbar. Ab 1. Januar 2024 reduziert sich die Schwelle auf Unternehmen mit 1.000 Beschäftigten. Die Einhaltung des Gesetzes wird durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) geprüft; bei Verstößen können geeignete Buß- und Zwangsgelder verhängt werden, die bei schweren Verstößen bis zu 800.000 Euro betragen.

Da das LkSG die betroffenen Unternehmen verpflichtet, Informationen nicht nur für den eigenen Konzern, sondern über die gesamte Lieferkette, inkl. konzernfremde Lieferanten, zu konsolidieren und zu veröffentlichen, ist sehr kurzfristig ein hoher organisatorischer Aufwand auch für kleinere Unternehmen zu erwarten.

Trotz zeitlicher Verschiebung der Anwendung der CSRD auf das Geschäftsjahr 2025 für große Unternehmen nach § 267 HGB stellen die neuen Regelungen Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen, die eine frühzeitige Auseinandersetzung mit dem Thema Nachhaltigkeitsberichterstattung notwendig macht. Ausschlaggebend ist, dass eine unternehmensspezifische Integration von „ESG-Risiken“ in das bestehende Risikomanagementsystem gelingt, um den zukünftigen gesellschaftlichen und gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden.

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