28. April 2025

Ermessensentscheidung bei Festsetzung eines Verspätungszuschlags

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Steht die Festsetzung eines Verspätungszuschlags im Ermessen des Finanzamts, darf das Finanzamt bei seiner Entscheidung, ob es einen Verspätungszuschlag festsetzt (Entschließungsermessen), berücksichtigen, dass der Steuerpflichtige wiederholt seine Erklärungspflichten verletzt hat.

FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 5.11.2024 – 8 K 8046/23, Rev. beim BFH: Az. XI R 31/24; NWB

Hintergrund: Bei verspäteter Abgabe einer Steuererklärung droht ein Verspätungszuschlag. In den meisten Fällen ist die Festsetzung eines Verspätungszuschlags zwingend. In bestimmten Fällen steht die Festsetzung eines Verspätungszuschlags jedoch im Ermessen des Finanzamts, z.B. wenn die Steuer auf Null festgesetzt worden ist. Der Verspätungszuschlag beträgt für jeden Monat der eingetretenen Verspätung 0,25 % der festgesetzten Steuer, mindestens aber 25 € pro Monat.

Sachverhalt: Ein steuerpflichtiger Verein gab die Körperschaftsteuererklärung für 2019 nicht ab, so dass das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen schätzte. Für das Jahr 2020 forderte das Finanzamt den Verein vorzeitig zur Abgabe der Steuererklärung bis zum 8.4.2022 auf. Diese Frist verstrich erfolglos, so dass das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen auf Null schätzte und die Körperschaftsteuer auf Null festsetzte. Außerdem setzte es am 8.7.2022 einen Verspätungszuschlag in Höhe von 100 € fest; das Finanzamt begründete dies damit, dass der Verein bereits für 2019 seine Steuererklärung verspätet abgegeben habe. Am 22.8.2022 reichte der Verein dann die Körperschaftsteuererklärung ein und wandte sich nun gegen die Festsetzung des Verspätungszuschlags.

Entscheidung: Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Der Verein hatte die Körperschaftsteuererklärung verspätet abgegeben, da er vorzeitig zur Abgabe der Steuererklärung bis zum 8.4.2022 aufgefordert worden war, die Erklärung aber tatsächlich erst am 22.8.2022 eingereicht hat, also um vier Monate verspätet.
  • Die Festsetzung eines Verspätungszuschlags stand im Ermessen des Finanzamts, weil die Steuer auf Null festgesetzt worden war. Es stand damit im Ermessen des Finanzamts, ob es einen Verspätungszuschlag festsetzt (sog. Entschließungsermessen) und in welcher Höhe es den Verspätungszuschlag festsetzt (sog. Auswahlermessen).
  • Das Finanzamt hat sein Entschließungsermessen fehlerfrei ausgeübt. Zwar ergeben sich aus dem Gesetz keine Kriterien für die Ausübung des Entschließungsermessens, sondern nur für die Ausübung des Auswahlermessens, also bei der Entscheidung über die Höhe des Verspätungszuschlags.
  • Entscheidend ist daher der Gesetzeszweck: Danach soll mit der Festsetzung eines Verspätungszuschlags zum einen Druck auf den Steuerpflichtigen für die rechtzeitige Abgabe der Erklärung in der Zukunft ausgeübt werden; zum anderen soll auch der Vorteil des Steuerpflichtigen aus der verspäteten Abgabe der Steuererklärung abgeschöpft werden.
  • Wird die Steuer wie im Streitfall auf Null festgesetzt, geht es nur um die Ausübung von Druck, um für die Zukunft die fristgerechte Abgabe von Steuererklärungen zu erwirken. Das Finanzamt durfte daher auf die bereits im Vorjahr verspätet abgegebene Steuererklärung abstellen und einen Verspätungszuschlag festsetzen, um Druck zu erzeugen, damit der Verein jedenfalls ab 2021 seine Steuererklärung pünktlich abgibt.
  • Gegen die Höhe des Verspätungszuschlags gab es keine Einwendungen. Der Verein hatte die Körperschaftsteuererklärung vier Monate zu spät abgegeben. Die Höhe des Verspätungszuschlags von 100 € entsprach einer Verzögerung um vier Monate bei Anwendung des Mindestsatzes von 25 € pro Monat, der bei einer Null-Festsetzung heranzuziehen ist.

Hinweise: Das FG hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen, weil bislang umstritten ist, welche Kriterien bei der Ausübung des Entschließungsermessens zu beachten sind. Während das FG im Streitfall auf die wiederholt verspätete Abgabe der Steuererklärung abgestellt hat, wird auch die Auffassung vertreten, dass es auf Dauer der Fristüberschreitung, die Höhe des Zahlungsanspruchs, die aus der verspäteten Abgabe der Steuererklärung gezogenen Vorteile, auf das Verschulden oder die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen ankommen könne.

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